15. September 2019
Im Westen von Tansania
Im Westen von Tansania
Mit dem Zug an die Hochzeit
Tansania ist bekannt für seine beiden Zuglinien. Die nördliche Linie verbindet die Hafenstadt Dar es Salaam und das wirtschaftliche Zentrum mit den Orten Mwanza am Viktoriasee und Kigoma am Tanganikasee. Die zweite, südliche Zuglinie verläuft zwischen Dar es Salaam, Ifakara, Mbeya bis ins Landesinnere von Sambia. Da wir in Äthiopien nicht die Gelegenheit erhielten, um mit dem Zug zu reisen, wollten wir dies unbedingt in Tansania nochmals probieren.
Schon der Ticketkauf war eine kleine Odysee in sich. Von der Unterkunft in Tabora, wir übernachteten da wieder bei Pristern mit Projekten von Salesan, fuhren wir mit einem TukTuk zum Bahnhof und erkundigten uns für Zugtickets am Mittwoch. Alle Mitarbeiter sassen an ihren Pulten, liessen Gangster-Rap über die Lautsprecher am Bahnhof spielen, begrüssten uns freundlich und erklärten uns im Anschluss, dass am Sonntag keine Tickets verkauft würden und wir doch am Montag nochmals vorbei kommen sollen. Gemütliche Country-Musik und eine ebenso fröhliche Begrüssung erwartete uns am nächsten Tag von den Herren hinter ihren Pulten, aber für den Zug am Mittwoch werden nur Tickets am Vortag ausgestellt. Tags darauf liessen wir uns kein drittes Mal überfreundlich abwimmeln und kauften uns die Tickets für die Strecke Tabora – Kigoma, auch wenn der Bahnchef uns versicherte, dass wir die Tickets locker noch am Tag der Abfahrt erhalten würden. Zur Feier des Tages wurde der ganze Bahnsteig heute mit ostafrikanischer Bongo-Flavour-Musik beschallt.
Ohne Frühstück verliessen wir das Pristerhaus, um für die Reporting-Time um 06.30 Uhr pünktlich am Bahnhof zu sein. Was genau diese Reporting-Time ist, können wir bis heute nicht sagen. Die Zugabfahrt wurde alle zwei Stunden um weitere 2-3 Stunden verschoben. So schliefen wir noch etwas am Bahnsteig, wie viele andere Menschen auch. Schliesslich liessen wir um 12:30 Uhr den Bahnhof von Tabora hinter uns. Schon vor Abfahrt stellte sich uns eine junge Frau vor und meinte, da wir im gleichen Wagon sitzen, sei es wichtig sich zu kennen. Danach setzte sie sich wieder in ihr Abteil am anderen Ende des Wagons. Uns gegenüber im Abteil sass ein junger Mann, der sich uns als Mohammed vorstellte. Er war schon über 18 Stunden bis Tabora im Zug und unterhielt sich angeregt mit seinen Freunden über die angrenzenden Abteile.
Essen in Tansania wird immer mit anderen Menschen geteilt. So kaufte sich ein Familienvater in wunderschönen, traditionell muslimischen Kleidern und Kopfbedeckung eine riesige Wassermelone und verteilte diese mit grosser Freude allen Menschen im ganzen Wagon. Auch wir teilten unser Proviant mit Mohammed, seinem kleinen Cousin und den Freunden im Abteil. Trotz ewigen Verspätungen muss man sich keine Gedanken um die Verpflegung machen. Bei jedem Stopp wird der Bahnsteig mit fliegenden Händler geflutet, die alles essbare verkaufen, was das Dorf oder die Stadt zu bieten hat. Mit frisch grillierten Fischen und Ugali, einem dicken Maisbrei à la Polenta, kam ich in den Wagon zurück und wurde Zuschauer einer amüsanten Löwenfütterung in unserem Abteil. Viel Jungs stürzten sich über einen Topf mit Reis und Poulet, so dass auch Mohammed aus dem Abteil flüchtete.
Später am Abend kamen wir mit Mohammed ins Gespräch und er erzählte uns, dass er in Dar es Salaam als Lehrer arbeitet und nun auf dem Weg nach Kalinzi war, wo er aufgewachsen ist. Da unser Kiswahili noch schlechter war als sein Englisch, war es doch amüsant, wie wir uns mit Händen und Füssen unterhielten. Schlussendlich lud uns Mohammed zu seiner eigenen Hochzeit in Kalinzi ein.
Mit nur acht bis zehn (niemand weiss das so genau) Stunden Verspätung erreichten wir Kigoma und somit den Tanganijka. Glücklicherweise liess uns der Wächter eines kleinen Hostels einer Kirche morgens um zwei Uhr hinein und dort übernachten. Am nächsten Morgen konnten wir unsere Reise fortsetzen und in einem kleinen Guesthouse mit Privatstrand einchecken.
Dass uns Mohammed nach nur einer gemeinsamen Zugfahrt an seine Hochzeit einlud, konnten wir auch am folgenden Tag kaum glauben. So versicherten wir uns gut schweizerisch zweimal bei ihm per SMS, bis wir uns ganz sicher waren. Schon zwei Tage später sassen wir eingepfercht zu acht in einem Fünfplätzer in Richtung burundische Grenze. Im letzten tansanischen Dorf vor der Grenze liessen wir uns im gefühlten nirgendwo zwischen Kaffee- und Bananenplantagen absetzen. Kurze Zeit später brachte uns ein Freund von Mohammed mit einem PikiPiki (Motorrad) zum Fest.
Am Rande eines Fussballfelds wurden für das Fest einige Holzpfähle in den Boden gesteckt und mit Planen überspannt. Darunter sassen Männer und Frauen, die sich freudig miteinander unterhielten. Wir wurden sogleich in das Elternhaus von Mohammed gebracht, mit Essen versorgt und Mohammeds Schwester Suleima vorgestellt. Da es eine muslimische Hochzeit war, wurde Sabrina gleich von oben bis unten neu eingekleidet. Seitlich von den immer mehr werdenden sitzenden Menschen durften wir auf dem Sofa für die Ehrengäste Platz nehmen. Neben uns sass Mohammed der Grossvater von Mohammed, der immer wieder ein anderes Grosskind zu sich aufs Sofa setzte. Später wurde mit einem Motorrad ein Generator, Verstärker und Musikanlage geliefert und ab dann der Platz mit ostafrikanischer Musik beschallt.
Die offizielle Zeremonie startete mit einem Gebet. Von den zwei- oder dreihundert anwesenden Menschen traten dafür nur einige Dutzend aus der Gruppe. Schon nach der ersten Rede des Imans waren wir an der Reihe und so schwang ich eine Rede nach bestem Wissen und Gewissen, wobei Suleima die Übersetzung von Englisch in die dortige Stammessprache übernahm. Schon bei meinem ersten Wort konnten sich die Menschen vor Lachen kaum halten, da viele von ihnen zum ersten Mal jemand Englisch sprechen hörten. Suleima liess es sich nicht nehmen und gab das Mikrofon einfach an Sabrina weiter, was Sabrina mit Bravour meisterte. Amüsant war auch die Ansprache des Grosssvaters, der sich dafür bedankte, dass so viele Menschen an seine zweite Hochzeit kommen und er nochmals eine so hübsche junge Frau heiraten darf. Weder Bräutigam noch Braut kamen an dieser Hochzeit gross zu Wort, was Sabrina und mir doch etwas komisch vorkam. Die anwesenden Gäste wurden während der ganzen Zeremonie immer wieder mit einem Duzend Teller voller Essen verköstigt, wobei diese Teller miteinander geteilt wurden.
Zum Schluss der Feierlichkeiten wurden die Geschenke übergeben. Dies geschieht in drei Durchgängen. Zuerst treten die Männer hervor und übergeben dem Brautpaar ihre Geschenke begleitet von mindestens einem Chor. Bei den Männern geht die Übergabe mit ungewohnter Effizienz über die Bühne und nach kürzester Zeit ist alles übergeben. Die Frauen nehmen sich für ihre Übergabe viel Zeit und tanzen in der Reihe, bis sie ihr Geschenk – meistens ein Kanga oder Kitenge (klassische, afrikanische Stoffe) – dem Brautpaar übergeben können. Im dritten Durchgang sind nochmals die Frauen am Zug und schenken dieses Mal der Mutter des Bräutigams unzählige farbige Kangas und Kitenges. Auch hier wird wieder viel getanzt, gelacht und umarmt.
Im Anschluss an die Hochzeitszeremonie haben wir das Fest wieder verlassen, um nicht da auch noch so viel Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen. Mit unzähligen, überwältigenden Eindrücken traten wir unsere Rückreise von Kalinzi nach Kigoma an.
Schon der Ticketkauf war eine kleine Odysee in sich. Von der Unterkunft in Tabora, wir übernachteten da wieder bei Pristern mit Projekten von Salesan, fuhren wir mit einem TukTuk zum Bahnhof und erkundigten uns für Zugtickets am Mittwoch. Alle Mitarbeiter sassen an ihren Pulten, liessen Gangster-Rap über die Lautsprecher am Bahnhof spielen, begrüssten uns freundlich und erklärten uns im Anschluss, dass am Sonntag keine Tickets verkauft würden und wir doch am Montag nochmals vorbei kommen sollen. Gemütliche Country-Musik und eine ebenso fröhliche Begrüssung erwartete uns am nächsten Tag von den Herren hinter ihren Pulten, aber für den Zug am Mittwoch werden nur Tickets am Vortag ausgestellt. Tags darauf liessen wir uns kein drittes Mal überfreundlich abwimmeln und kauften uns die Tickets für die Strecke Tabora – Kigoma, auch wenn der Bahnchef uns versicherte, dass wir die Tickets locker noch am Tag der Abfahrt erhalten würden. Zur Feier des Tages wurde der ganze Bahnsteig heute mit ostafrikanischer Bongo-Flavour-Musik beschallt.
Ohne Frühstück verliessen wir das Pristerhaus, um für die Reporting-Time um 06.30 Uhr pünktlich am Bahnhof zu sein. Was genau diese Reporting-Time ist, können wir bis heute nicht sagen. Die Zugabfahrt wurde alle zwei Stunden um weitere 2-3 Stunden verschoben. So schliefen wir noch etwas am Bahnsteig, wie viele andere Menschen auch. Schliesslich liessen wir um 12:30 Uhr den Bahnhof von Tabora hinter uns. Schon vor Abfahrt stellte sich uns eine junge Frau vor und meinte, da wir im gleichen Wagon sitzen, sei es wichtig sich zu kennen. Danach setzte sie sich wieder in ihr Abteil am anderen Ende des Wagons. Uns gegenüber im Abteil sass ein junger Mann, der sich uns als Mohammed vorstellte. Er war schon über 18 Stunden bis Tabora im Zug und unterhielt sich angeregt mit seinen Freunden über die angrenzenden Abteile.
Essen in Tansania wird immer mit anderen Menschen geteilt. So kaufte sich ein Familienvater in wunderschönen, traditionell muslimischen Kleidern und Kopfbedeckung eine riesige Wassermelone und verteilte diese mit grosser Freude allen Menschen im ganzen Wagon. Auch wir teilten unser Proviant mit Mohammed, seinem kleinen Cousin und den Freunden im Abteil. Trotz ewigen Verspätungen muss man sich keine Gedanken um die Verpflegung machen. Bei jedem Stopp wird der Bahnsteig mit fliegenden Händler geflutet, die alles essbare verkaufen, was das Dorf oder die Stadt zu bieten hat. Mit frisch grillierten Fischen und Ugali, einem dicken Maisbrei à la Polenta, kam ich in den Wagon zurück und wurde Zuschauer einer amüsanten Löwenfütterung in unserem Abteil. Viel Jungs stürzten sich über einen Topf mit Reis und Poulet, so dass auch Mohammed aus dem Abteil flüchtete.
Später am Abend kamen wir mit Mohammed ins Gespräch und er erzählte uns, dass er in Dar es Salaam als Lehrer arbeitet und nun auf dem Weg nach Kalinzi war, wo er aufgewachsen ist. Da unser Kiswahili noch schlechter war als sein Englisch, war es doch amüsant, wie wir uns mit Händen und Füssen unterhielten. Schlussendlich lud uns Mohammed zu seiner eigenen Hochzeit in Kalinzi ein.
Mit nur acht bis zehn (niemand weiss das so genau) Stunden Verspätung erreichten wir Kigoma und somit den Tanganijka. Glücklicherweise liess uns der Wächter eines kleinen Hostels einer Kirche morgens um zwei Uhr hinein und dort übernachten. Am nächsten Morgen konnten wir unsere Reise fortsetzen und in einem kleinen Guesthouse mit Privatstrand einchecken.
Dass uns Mohammed nach nur einer gemeinsamen Zugfahrt an seine Hochzeit einlud, konnten wir auch am folgenden Tag kaum glauben. So versicherten wir uns gut schweizerisch zweimal bei ihm per SMS, bis wir uns ganz sicher waren. Schon zwei Tage später sassen wir eingepfercht zu acht in einem Fünfplätzer in Richtung burundische Grenze. Im letzten tansanischen Dorf vor der Grenze liessen wir uns im gefühlten nirgendwo zwischen Kaffee- und Bananenplantagen absetzen. Kurze Zeit später brachte uns ein Freund von Mohammed mit einem PikiPiki (Motorrad) zum Fest.
Am Rande eines Fussballfelds wurden für das Fest einige Holzpfähle in den Boden gesteckt und mit Planen überspannt. Darunter sassen Männer und Frauen, die sich freudig miteinander unterhielten. Wir wurden sogleich in das Elternhaus von Mohammed gebracht, mit Essen versorgt und Mohammeds Schwester Suleima vorgestellt. Da es eine muslimische Hochzeit war, wurde Sabrina gleich von oben bis unten neu eingekleidet. Seitlich von den immer mehr werdenden sitzenden Menschen durften wir auf dem Sofa für die Ehrengäste Platz nehmen. Neben uns sass Mohammed der Grossvater von Mohammed, der immer wieder ein anderes Grosskind zu sich aufs Sofa setzte. Später wurde mit einem Motorrad ein Generator, Verstärker und Musikanlage geliefert und ab dann der Platz mit ostafrikanischer Musik beschallt.
Die offizielle Zeremonie startete mit einem Gebet. Von den zwei- oder dreihundert anwesenden Menschen traten dafür nur einige Dutzend aus der Gruppe. Schon nach der ersten Rede des Imans waren wir an der Reihe und so schwang ich eine Rede nach bestem Wissen und Gewissen, wobei Suleima die Übersetzung von Englisch in die dortige Stammessprache übernahm. Schon bei meinem ersten Wort konnten sich die Menschen vor Lachen kaum halten, da viele von ihnen zum ersten Mal jemand Englisch sprechen hörten. Suleima liess es sich nicht nehmen und gab das Mikrofon einfach an Sabrina weiter, was Sabrina mit Bravour meisterte. Amüsant war auch die Ansprache des Grosssvaters, der sich dafür bedankte, dass so viele Menschen an seine zweite Hochzeit kommen und er nochmals eine so hübsche junge Frau heiraten darf. Weder Bräutigam noch Braut kamen an dieser Hochzeit gross zu Wort, was Sabrina und mir doch etwas komisch vorkam. Die anwesenden Gäste wurden während der ganzen Zeremonie immer wieder mit einem Duzend Teller voller Essen verköstigt, wobei diese Teller miteinander geteilt wurden.
Zum Schluss der Feierlichkeiten wurden die Geschenke übergeben. Dies geschieht in drei Durchgängen. Zuerst treten die Männer hervor und übergeben dem Brautpaar ihre Geschenke begleitet von mindestens einem Chor. Bei den Männern geht die Übergabe mit ungewohnter Effizienz über die Bühne und nach kürzester Zeit ist alles übergeben. Die Frauen nehmen sich für ihre Übergabe viel Zeit und tanzen in der Reihe, bis sie ihr Geschenk – meistens ein Kanga oder Kitenge (klassische, afrikanische Stoffe) – dem Brautpaar übergeben können. Im dritten Durchgang sind nochmals die Frauen am Zug und schenken dieses Mal der Mutter des Bräutigams unzählige farbige Kangas und Kitenges. Auch hier wird wieder viel getanzt, gelacht und umarmt.
Im Anschluss an die Hochzeitszeremonie haben wir das Fest wieder verlassen, um nicht da auch noch so viel Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen. Mit unzähligen, überwältigenden Eindrücken traten wir unsere Rückreise von Kalinzi nach Kigoma an.